Intern
Fakultät für Mathematik und Informatik

Mit Mathe zu mehr Nachhaltigkeit

20.06.2023

Marie Schmidt ist Mathematikerin und Professorin am Institut für Informatik der Universität Würzburg. Mit ihrer Forschung trägt sie dazu bei, das Leben von Bahnreisenden deutlich zu verbessern.

Marie Schmidt ist neue Professorin für Optimierung unter Ressourcenbeschränkung an der Uni Würzburg. Die Optimierungsprobleme, mit denen sie sich beschäftigt, kommen meist aus dem Bereich Verkehr, Mobilität und Transport.
Marie Schmidt ist neue Professorin für Optimierung unter Ressourcenbeschränkung an der Uni Würzburg. Die Optimierungsprobleme, mit denen sie sich beschäftigt, kommen meist aus dem Bereich Verkehr, Mobilität und Transport. (Bild: capitalimages.nl)

„Willkommen an Bord des ICE 721 auf der Fahrt nach München. Wir haben soeben Frankfurt Hauptbahnhof mit einer Verzögerung von zwölf Minuten verlassen. Grund für diese Verzögerung ist … Frankfurt halt“. Ansagen dieser Art kennt Marie Schmidt zur Genüge. Aus ihrer professionellen Sicht weiß sie: Das könnte anders gehen.

Marie Schmidt ist Mathematikerin und neue Professorin für Optimierung unter Ressourcenbeschränkung am Lehrstuhl für Informatik I der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU). Die Optimierungsprobleme, um die es dabei geht, kommen meist aus dem Bereich Verkehr, Mobilität und Transport – angefangen bei Fahrplänen für die Bahn über Paketlieferungen per Drohne bis zu Konzepten für Fahrzeuge on demand, wie beispielsweise die in vielen Regionen zu findenden Mini-Busse.

Gute Fahrpläne sind schwierig zu erstellen

„Gute Fahrpläne zu erstellen, ist schwierig“, sagt die Wissenschaftlerin. Je nach Größe des Schienennetzes und den jeweiligen Anforderungen wird diese Aufgabe zunehmend komplex und kompliziert. Wie viele Züge sind täglich unterwegs, welche Orte sollen sie anfahren, welche Routen sollen sie wählen? Wie lange darf ein Umstieg maximal dauern? Wie kann man verhindern, dass sich Züge gegenseitig blockieren? Und wie lässt sich das Angebot schnell ausweiten, wenn in der Ferienzeit deutlich mehr Menschen unterwegs sind als an einem gewöhnlichen Wochentag: Diese – und natürlich viele weitere – Fragen sind zu berücksichtigen, wenn es darum geht, den optimalen Fahrplan zu erstellen.

Erfahrungen in diesem Bereich hat Marie Schmidt in den vergangenen Jahren in den Niederlanden gesammelt. Als Professorin an der Rotterdam School of Management hat sie mit den Planungsteams des dortigen Bahnbetreibers eng zusammengearbeitet und diese beim Erstellen der Fahrpläne unterstützt.

„Ich spreche zunächst mit den Beteiligten, um deren Anforderungen und Ziele kennen zu lernen“, beschreibt die Wissenschaftlerin ihre Vorgehensweise. Dann folge „viel Kritzeln und Malen auf Papier und dem Whiteboard“, um Modelle aufzustellen und Algorithmen zu entwickeln, die sie anschließend am Rechner implementiert und testet. Nach weiteren Gesprächsrunden und eventuellen Anpassungen am Modell steht im Idealfall am Ende eine „akzeptable Lösung“ – ein fertiger Plan für ein konkretes Netz.

Informatik für mehr Nachhaltigkeit

„Effizient und umweltschonend“: Diese Kriterien sollen die von ihr entwickelten Modelle unbedingt erfüllen, so Marie Schmidt. Das passt zu ihren Aufgaben am Institut für Informatik der Universität Würzburg: Dort engagiert sich Schmidt insbesondere im Studiengang „Informatik und Nachhaltigkeit“ – einem Angebot, das die Uni zum Wintersemester 2021/22 gestartet hat. Der Bachelor-Studiengang vermittelt die wichtigsten Teilgebiete der Informatik und integriert gleichzeitig gesellschaftlich, insbesondere aber auch wirtschaftlich relevante Fragen zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit in das Studienprogramm.

In einem Seminar, das Marie Schmidt in diesem Semester leitet, kombinieren Studierende deshalb in fünf Projekten Methoden der Informatik mit Problemen rund um das Thema Nachhaltigkeit. Während beispielsweise eine Gruppe versucht, den ökologischen Fußabdruck eines Unternehmens zu erfassen, arbeitet ein zweites Team an der CO2-Bilanz eines Mensagerichts. Ein umweltfreundlicher Einkauf von Hardware und eine App, die Hilfsorganisationen und spendewillige Unternehmen zusammenbringt, sind weitere Projekte, mit denen sich die Studierenden beschäftigen.

Obwohl die Vorbereitungszeit für dieses Seminar nach ihrem Wechsel an die Uni Würzburg im vergangenen Herbst recht kurz war, ist es Marie Schmidt in einem Fall gelungen, ein Projekt aus dem Bereich Transport beziehungsweise Verkehr zu akquirieren. Dabei geht es um eine einfache und praktikable Dokumentation der Kurierfahrten eines Radkurier-Unternehmens. In Zukunft will sie noch deutlich mehr Projekte anbieten, bei denen Verkehr und Transport und der nachhaltige Einsatz von Ressourcen im Mittelpunkt stehen.

„Mein Forschungsgebiet ist die (angewandte) Optimierung, insbesondere interessiere ich mich für kombinatorische Optimierung, Optimierung auf Netzwerken, Optimierung unter Unsicherheit und multikriterielle Optimierung“: So beschreibt Marie Schmidt auf ihrer Homepage ihre wissenschaftlichen Schwerpunkte.

Wie landet eigentlich eine Mathematikerin in der Informatik? „Diese Frage musste ich in jedem Bewerbungsgespräch beantworten: ‚Passen Sie eigentlich hierher?‘“, sagt sie. Aber ihre Forschung bewege sich eben in einem Bereich, in dem Mathematik, Informatik, Wirtschaftswissenschaft und Verkehrsplanung sich überschneiden.

Zur Person

Marie Schmidt hat von 2004 bis 2009 an der Universität Göttingen Mathematik studiert und mit dem Diplom abgeschlossen: 2012 wurde sie ebenfalls in Göttingen promoviert – schon damals mit einer Arbeit zur „Integration von Passagierrouting in die Planung im öffentlichen Verkehr “. 2014 wurde sie Assistant Professor und 2019 Associate Professor an der Rotterdam School of Management der Erasmus-Universität Rotterdam in den Niederlanden. Seit September 2022 hat sie am Institut für Informatik der Universität Würzburg die Professur für Informatik mit dem Schwerpunkt im Bereich der Optimierung unter Ressourcenbeschränkung inne.

Kontakt

Prof. Dr. Marie Schmidt, Lehrstuhl für Informatik I, T: 0931 31 84571, marie.schmidt@uni-wuerzburg.de

Von Gunnar Bartsch