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Fakultät für Mathematik und Informatik

Nachruf auf Professor Hartmut Noltemeier

26.05.2025

Das Institut für Informatik trauert um unseren geschätzten Kollegen Professor Hartmut Noltemeier, der am 10. Mai 2025 im Alter von 84 Jahren verstorben ist.

Professor Noltemeier (2008), fotografiert in seiner Zeit als Inhaber des Lehrstuhls für Informatik I

Er kam 1982 an die Universität Würzburg und gehörte ihr bis zu seiner Emeritierung 2008 an. Er war ein geschätzter Hochschullehrer und Kollege voller Schaffenskraft und mit vielen Ideen, dessen Wirken weit über die Grenzen seines Fachgebiets hinaus Anerkennung fand. Als Lehrer, Forscher und Mentor prägte er nicht nur die akademische Landschaft, sondern hinterließ auch in den Herzen seiner Kollegen, Studierenden und Freunde einen bleibenden Eindruck. Besonders beeindruckend war die thematische Breite seiner Arbeiten.

Noltemeier studierte Mathematik, Physik und Philosophie in Göttingen und München. Nach seinem Studium arbeitete er ein Jahr bei IBM. Danach ging er an die Universität Karlsruhe (TH), wo er 1969 in Mathematik zum Thema ”Parametrische diskrete lineare Programme” promovierte. 1970 habilitierte er sich dort als einer der ersten Wissenschaftler in Informatik (mit der Habilitationsschrift “Sensitivitätsanalyse bei diskreten linearen Optimierungsproblemen”, erschienen bei Springer). Schon 1971 bekam Noltemeier einen Ruf an die Universität Göttingen. 1978 wechselte er an die RWTH Aachen und kam schließlich 1982 an die Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Mit Kollegen führte er an der Universität Würzburg 1986/87 den Diplomstudiengang Informatik ein und gründete er 1988/89 das Institut für Informatik.

Prof. Noltemeiers Forschung umfasste ein sehr breites Spektrum – von Linearer Optimierung und Graphentheorie über Algorithmische Geometrie und Geometrische Modellierung bis hin zu Approximationsalgorithmen, Standortplanung und Robotik. In Zusammenarbeit mit dem Interdisziplinären Zentrum für Verkehrswissenschaften (IZVW, jetzt WIVW) in Veitshöchheim beschäftigte er sich auch über lange Jahre mit Algorithmen zur Verbesserung des dortigen Fahrsimulators. Er schrieb mehrere Informatik-Lehrbücher, beginnend mit “Datenstrukturen und höhere Programmiertechniken” (De Gruyter, 1972). Ebenfalls bei De Gruyter erschien 1976 “Graphentheorie: Mit Algorithmen und Anwendungen”, einem der ersten deutschsprachigen Lehrbücher zum Thema (algorithmische) Graphentheorie. 1981 begann er mit der Herausgabe eines dreibändigen Lehrbuchs mit dem Titel “Informatik” (Hanser). Alle drei Bände wurden in den Folgejahren ein zweites Mal aufgelegt. Anknüpfend an sein zweites Buch hat er 2005 zusammen mit Sven Oliver Krumke das Lehrbuch “Graphentheoretische Konzepte und Algorithmen” geschrieben (Vieweg+Teubner, 3. Auflage 2012).

Er war 1975 einer der Mitbegründer des “Workshop on Graph-Theoretic Concepts in Computer Science”, einer sehr erfolgreichen internationalen Konferenz, die er drei Mal organisierte und leitete; in Göttingen (1976), Bad Honnef (1980) und auf dem Schwanberg (1985). Er initiierte mehrere Serien von einflussreichen Dagstuhl-Seminaren (“Data Structures”, “Geometric Modeling”). 2001 hat er mit Burkard und Hamacher ein Oberwolfach-Seminar zum Thema “Mathematical Methods in Manufacturing and Logistics” geleitet. Er war Mitherausgeber der Zeitschriften “Discrete Applied Mathematics” und “Methods and Models of Operations Research”.

Als Hochschullehrer und Mentor spielte Professor Noltemeier eine zentrale Rolle in der Informatik. Er betreute rund 300 Diplomanden und 35 Doktoranden, von denen mindestens elf selbst Professoren wurden. In Anerkennung seiner Verdienste erhielt er von seiner Alma Mater 2016 die Bene-Merenti-Medaille in Gold.

Hartmut Noltemeier war stets darum bemüht, eine enge und kollegiale Atmosphäre zu schaffen, was besonders durch seine Organisation der jährlichen Weihnachtsfeier am Lehrstuhl zum Ausdruck kam. Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit war Professor Noltemeier ein leidenschaftlicher Wanderer, der mit seiner außergewöhnlichen Kondition bei den beliebten Lehrstuhl-Wanderungen so manchen seiner Mitarbeiter herausforderte. Diese Anekdoten, ebenso wie die Geschichten über seine bemerkenswerte Ruhe und Entschlossenheit, etwa beim Umgang mit einem defekten Overhead-Projektor während einer Vorlesung, spiegeln seinen unermüdlichen Einsatz und seine unerschütterliche Hingabe wider. Prof. Noltemeiers Kollegen am Institut für Informatik und darüber hinaus erinnern sich gerne an die gemeinsame Zeit mit ihm und heben seine wichtigen Beiträge zu mehreren Teildisziplinen der Informatik hervor.